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Der zweite Schlag nach psychischem Missbrauch: Wenn dir niemand glaubt

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Es gehört zu den schmerzhaftesten Erfahrungen überhaupt: Du beginnst endlich, über das Erlebte zu sprechen – und stößt auf Schweigen. Auf Relativierung. Auf Fragen wie: „Aber ist/war es wirklich so schlimm?“ oder: „Du hast doch nie was erzählt, so schlimm kann’s ja nicht gewesen sein.“ Nicht nur die Familie reagiert so, auch Freunde, Bekannte – manchmal sogar Menschen in der Beratung oder Justiz.


Dabei würdest du nichts lieber tun, als gehört, verstanden und geglaubt zu werden.


Narzisstischer Missbrauch ist subtil. Er hinterlässt keine sichtbaren Spuren auf der Haut – sondern Wunden in der Seele. Er funktioniert durch Manipulation, durch Verdrehungen, durch systematisches Kleinmachen und Spalten. Für Außenstehende ist das oft nicht nachvollziehbar. Es sieht von außen nicht nach Gewalt aus. Und gerade deshalb wird sie oft nicht erkannt.


Für die Betroffenen fühlt sich das wie ein zweiter Missbrauch an: Sie haben ohnehin schon gelitten – nun wird ihnen zusätzlich das Gefühl gegeben, überempfindlich, labil oder „dramatisch“ zu sein. Das trifft besonders hart, weil es das Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen erschüttert: Wenn selbst die Menschen, die einem nahestehen, nicht glauben – wem kann man dann noch vertrauen?


Aber auch für die, die zuhören, ist die Situation oft überfordernd. Sie wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Sie mögen den vermeintlichen Täter vielleicht sogar. Sie suchen nach Erklärungen, die das Unfassbare greifbarer machen – und greifen dabei manchmal auf Verharmlosung oder Rückfragen zurück, die mehr Schaden anrichten als helfen.


Darum ist es wichtig, beides zu verstehen: Wer psychischen Missbrauch erlebt hat, braucht keine Ratschläge, sondern Resonanz. Kein Urteil, sondern ein echtes Zuhören. Und vor allem: kein Zweifel am eigenen Erleben. Und wer das nicht leisten kann, sollte lieber schweigen als bagatellisieren.


Wenn du selbst betroffen bist und auf Unglauben stößt, heißt das nicht, dass du dir das Erlebte einbildest. Es heißt nur: Die Welt um dich herum ist noch nicht bereit, es zu sehen. Und doch gibt es Orte, an denen du ernst genommen wirst – auch wenn du sie erst suchen musst. Das können Selbsthilfegruppen in deiner Region sein, Beratungsstellen für Gewaltopfer, psychosoziale Einrichtungen oder auch Therapeuten, die auf Trauma spezialisiert sind.


Du musst dich nicht erklären, nicht rechtfertigen, nicht beweisen. Was du erlebt hast, ist real. Und allein das reicht. Du darfst dir selbst glauben – auch wenn andere es (noch) nicht tun.


Und für alle, die mit so einem Bericht konfrontiert werden: Du musst nicht sofort alles verstehen. Aber du kannst zuhören, ohne zu bewerten. Und manchmal ist ein einziger Satz für den Betroffenen wie das langersehnte Rettungsseil: „Ich glaube dir.“


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